Abrechnung
der Psychotherapie mit Geflüchteten
Setzen Sie sich mit uns in Verbindung, wenn Sie Schwierigkeiten bei der Beantragung und/oder Bewilligung von Leistungen
haben. Wir prüfen, inwiefern wir Sie unterstützen können und leiten ermittelte Probleme an politische Entscheidungsträger weiter.
Die gesundheitliche Versorgung von Flüchtlingen hängt vom jeweiligen Aufenthaltsstatus ab. Je nach Aufenthaltstitel greifen
unterschiedliche Unterstützungssysteme, um die Behandlung von Flüchtlingen zu gewährleisten. Leistungen nach dem Asyl-
bewerberleistungsgesetz beziehen Flüchtlinge, die sich im laufenden Asylverfahren befinden (sie besitzen eine sog. Aufenthalts-
gestattung) oder Flüchtlinge, bei denen eine Abschiebung aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen (zunächst) nicht durch-
geführt werden kann (sog. Duldung). Die Leistungen der Krankenhilfe ändern und verbessern sich, sobald eine Aufenthalts-
erlaubnis vorliegt.
Der aufenthaltsrechtliche Status hat außerdem Auswirkungen auf die für die Therapie oder Beratung meist notwendige Kosten-
übernahme eines Sprach- und Kulturmittlers und die Fahrtkosten. Während des aufenthaltsrechtlichen Verfahrens bzw. in den
ersten 18 Monaten des Aufenthalts können die Kosten beim Sozialamt beantragt werden. Sie werden nach unseren Erfahrungen
auch meist übernommen. Die Kosten eines Sprach- und Kulturmittlers gehören nicht mehr zum Leistungs- spektrum, sobald eine
Aufenthaltserlaubnis vorliegt bzw. nach 18 Monaten des Aufenthaltes. In diesem Fall gibt es jedoch die Möglichkeit, die Kosten
beim zuständigen Erbringer von Sozialleistungen zu beantragen.
1. | Flüchtlinge mit Aufenthaltsgestattung oder Duldung, Leistungsbeziehende nach Asylbewerberleistungsgesetz
(AsylbLG)
Nach dem Asylbewerberleistungsgesetz haben Asylsuchende in den ersten 18 Monaten Ihres Aufenthalts in Deutschland nur
eingeschränkte Ansprüche auf Gesundheitsleistungen. Die Krankenhilfeleistungen sind in den § 4 und § 6 des Asylbewerber-
leistungsgesetzes geregelt:
Zu den Pflichtleistungen zählt die Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände (§4 Abs. 1 AsylblG). Dazu können
gezählt werden: zahnärztliche Behandlungen — Versorgung mit Arznei- und Verbandsmitteln — Kostenübernahme für übliche
Leistungen bei Schwangerschaft / Entbindung — empfohlene Vorsorgeuntersuchungen (Zahnvorsorge, Kinderuntersuchungen,
Krebsvorsorge, Gesundheitsuntersuchung) — Schutzimpfungen
Als „Kann-Leistung“ können sonstige, zur Sicherung des Lebensunterhaltes oder der Gesundheit unerlässliche Leistungen
gewährt werden (§ 6. Abs. 1). Hierunter subsumiert werden können z.B.: medizinische Heil- und Hilfsmittel (Brille, Rollstühle,
Hörgeräte) — Psychotherapie — MRT o.Ä.
Kostenträger dieser Leistungen sind die Sozialämter der Kommunen. Dort werden auch die zur Behandlung notwendigen
Krankenscheine ausgestellt.
Die Gewährleistung der sog. „Kann-Leistung“ liegt im Ermessen der zuständigen Behörden. Das bedeutet, dass über die
Gewährung von Leistungen wie z.B. Psychotherapie von Kommune zu Kommune unterschiedlich entschieden wird. Bevor
Flüchtlinge einen Arzt oder Psychotherapeuten aufsuchen können, müssen sie sich einen Krankenschein beim zuständigen
Sozialamt und eine Überweisung zum Facharzt besorgen. Problematisch dabei ist, dass in den meisten Fällen fachfremdes
Personal über zu gewährenden Hilfen entscheidet. Gegebenenfalls wird der Patient nochmals amtsärztlich begutachtet (nach
Aktenlage oder persönlicher Vorladung, was wieder Zeit kostet). Außerdem muss der Amtsarzt nicht notwendigerweise für die
spezifische Problematik qualifiziert sein. Wenn ein Orthopäde über die Bewilligung von Psychotherapie entscheidet, kann es zu
Fehlentscheidungen kommen.
Die Hinzuziehung eines Sprachmittlers, sofern er für die Behandlung erforderlich ist, ist im Leistungsspektrum enthalten. Die
Dolmetscher- und Fahrtkosten können also auf Antrag vom zuständigen Sozialamt übernommen werden.
Auswirkungen auf die für die Therapie oder Beratung meist notwendige Kostenübernahme eines Sprach- und Kulturmittlers hat vor
allem der aufenthaltsrechtliche Status. Während des aufenthaltsrechtlichen Verfahrens in den ersten 18 Monaten des Aufenthalts
können die Kosten beim Sozialamt beantragt werden. Sie werden nach unseren Erfahrungen auch meist übernommen.
Die Kosten eines Sprach- und Kulturmittlers gehören nicht mehr zum Leistungsspektrum, sobald eine Aufenthaltserlaubnis vorliegt
bzw. nach 18 Monaten des Aufenthaltes. — In diesem Fall gibt es jedoch die Möglichkeit, die Kosten beim zuständigen Erbringer
von Sozialleistungen (z.B. Jobcenter) als Mehrbedarf nach SGB II bzw. atypischen Bedarf zu beantragen.
Zusammenfassung der notwendigen Schritte:
Antrag auf Behandlungsschein beim zuständigen Sozialamt durch den Klienten und Gang zum Arzt
Bescheinigung / Überweisung eines Arztes zum Psychotherapeuten
Antrag mit Diagnose und Begründung über die Notwendigkeit der Psychotherapie (und der Notwendigkeit eines Sprachmittlers)
beim zuständigen Sozialamt (Musteranträge siehe Downloads in der Spalte rechts): eine Überweisung reicht i.d.R. nicht: Je
detaillierter und umfangreicher die Diagnose bzw. Begründung desto besser | ggf. Begründung, warum alleinige
Medikamentengabe nicht ausreichend und eine Therapie indiziert ist | Beantragung der Kostenübernahme (von Therapie- und
ggf. Dolmetscherkosten)
Sozialamt leitet unter Umständen eine amtsärztliche Begutachtung ein
Genehmigung der Kosten durch Ausstellung eines Behandlungsscheins durch das Sozialamt (Kostenzusage)
Bei Ablehnung ggf. Widerspruchsverfahren / Klageverfahren
2. | Flüchtlinge mit Aufenthaltserlaubnis
Sobald ein Flüchtling bzw. Asylsuchender seine Aufenthaltserlaubnis erlangt oder nach 18 Monaten des (unverschuldeten)
Aufenthalts in Deutschland, verbessert sich die gesundheitliche Versorgung.
Nach § 2 AsylbLG erhalten Sie alle Leistungen, auf die auch deutsche Versicherte einen Anspruch haben. Flüchtlinge gelten zwar
streng genommen nicht als Krankenversicherte, erhalten aber eine Versicherungskarte. Die Kasse holt sich das Geld quartals-
weise vom Sozialamt zurück, welches immer noch eigentlicher Kostenträger bleibt. Flüchtlinge mit Aufenthaltserlaubnis und Ver-
sichertenkarten werden im Grunde wie Sozialhilfeempfänger/innen behandelt und beziehen Unterhaltsleistungen durch das
Jobcenter. Leistungen der Pflegeversicherung erhalten sie nicht über die Krankenkasse.
Sozialleistungen beziehen sie entweder nach SGB II oder nach SGB XII. Welches Sozialgesetzbuch für den Betroffenen greift, ist
besonders für die Beantragung der Dolmetscher- und Fahrtkosten relevant.
2.1. | Leistungen analog zu SGB II (Grundsicherung für Arbeitsuchende), Leistungsträger: Jobcenter, Abrechnung: über die
Krankenkasse
Flüchtlinge mit Aufenthaltserlaubnis und Versichertenkarten werden hier im Grunde wie Arbeitssuchende behandelt und beziehen
Sozialleistungen durch das Jobcenter (ALG II, Hartz IV).
Die Kosten für eine Sprachmittlung sind nicht im Leistungskatalog der Krankenkassen abgedeckt: „Die Sicherstellung einer
sprachlichen Verständigung … in einer nicht deutschen Sprache ist als Nebenleistung zur Krankenbehandlung nicht vom
Leistungsanspruch der Krankenversicherten umfasst“, heißt es in einem Rundschreiben des MIFKJF 01/2012.
Sie können aber als Mehrbedarf nach § 21 SGB II beim zuständigen Erbringer von Sozialleistungen (Jobcenter oder Sozialamt)
beantragt werden.
Krankenversicherung bei einer gesetzlichen Krankenkasse und Anspruch auf das komplette Leistungsspektrum. — Die
Betroffenen müssen nicht für jeden Gang zum Arzt beim Sozialamt vorsprechen. — Psychotherapie wird wie üblich bei der
jeweiligen Krankenkasse beantragt und abgerechnet.
2.2. | Leistungen analog zu SGB XII (Sozialhilfe), Leistungsträger: Sozialamt, Abrechnung: über Krankenkasse
Flüchtlinge mit Aufenthaltserlaubnis können auch Leistungen nach SGB XII beziehen. Sie werden damit im Grunde wie
Sozialhilfeempfänger behandelt und beziehen Sozialleistungen über das Sozialamt. Auch hier gilt:
Die Kosten für eine Sprachmittlung sind nicht im Leistungskatalog der Krankenkassen abgedeckt: „Die Sicherstellung einer
sprachlichen Verständigung … in einer nicht deutschen Sprache ist als Nebenleistung zur Krankenbehandlung nicht vom
Leistungsanspruch der Krankenversicherten umfasst“, heißt es in einem Rundschreiben des MIFKJF 01/2012. Sie können aber
beim zuständigen Erbringer von Sozialleistungen (Jobcenter oder Sozialamt) beantragt werden:
Dolmetscher- und Fahrtkosten müssen ggf. über SGB_XII § 52 ff. (Eingliederungshilfe / Krankenhilfe) oder § 73 (Hilfe in
besonderen Lebenslagen) beantragt werden.
Krankenversicherung bei einer gesetzlichen Krankenkasse und Anspruch auf das komplette Leistungsspektrum. — Die
Betroffenen müssen nicht für jeden Gang zum Arzt beim Sozialamt vorsprechen. — Psychotherapie wird wie üblich bei der
jeweiligen Krankenkasse beantragt und abgerechnet.
2.3. | Flüchtlinge mit Gesundheitskarte, Leistungen analog zu SGB XII (Sozialhilfe), Leistungsträger: Sozialamt, Abrechnung: über
Krankenkasse
Ziel der Einführung der Gesundheitskarte sollte die direkte und unbürokratische ärztliche Versorgung für Flüchtlinge auch unter
einer Aufenthaltsdauer von 18 Monaten sein. Gesundheitsministerium und Krankenkassen haben Anfang 2016 alle Grundsteine
zur Einführung der Gesundheitskarte für Flüchtlinge von Beginn des Aufenthalts an gelegt. — Bisher (Stand 13.11.2017) haben in
Rheinland-Pfalz nur die Städte Trier und Mainz sowie die Kreisverwaltung Kusel die Karte eingeführt.
Dass sich durch die Einführung langfristig Einsparungen erzielen lassen, konnte durch das Bremer und Hamburger Modell
nachgewiesen werden:
Durch Vorsorge und rechtzeitige Behandlung kommt es zu Einsparungen.
Die Kosten bei den Sozialämtern sinken, weil der Verwaltungsaufwand für das Ausstellen von Papierkrankenscheinen sowie
die Abrechnung und Kontrolle erbrachter Leistungen entfällt.
Es kommt zu Kosteneinsparungen durch entfallene amtsärztliche Prüfung bzw. Übergang an den MDK.
Der Vorteil der Einführung der Gesundheitskarte ist die direkte und unbürokratische ärztliche Versorgung für Flüchtlinge auch unter
einer Aufenthaltsdauer von 18 Monaten.
Aber: Behandlungsmöglichkeiten und Umfang unterliegen weiterhin den Bestimmungen des AsylbLG — der Antrag wird nach
Maßgabe des AsylbLG geprüft.
3. | (Unbegleitete) minderjährige Flüchtlinge
Für die Beantragung von Therapien für Kinder und Jugendliche mit Fluchthintergrund gelten gegenüber der Beantragung von
Therapien für erwachsene Geflüchtete einige Besonderheiten. Hierzu haben BumF und BAfF unter dem Titel „Arbeitshilfe zur
Beantragung der Kostenübernahmen von Therapie mit minderjährigen Geflüchteten und jungen Volljährigen“ einen Leitfaden
erstellt:
b-umf.de/material/arbeitshilfe…
Weitere Infos
Hinweise zur medizinischen Versorgung von Flüchtlingen und Asylsuchenden in Krankenhäusern (Stand: 11/2015):
slaek.de/…/Medizinische_Versorgung.pdf
Zwei Erklär-Videos der Bundesweiten Arbeitsgemeinschaft Psychosozialer Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer BAfF e.V. zur
Ermächtigungsregelung zur Behandlung von Geflüchteten:
Erklär Video 1 | YouTube
Erklär Video 2 | YouTube
Im ersten Video wird erklärt, was es mit der „Ermächtigungsregelung“ auf sich hat und warum es sich lohnt, als Psychotherapeut
eine solche zu beantragen — im zweiten Video wird erklärt, welche Rolle die Sprachmittlung bei einer Psychotherapie spielen
kann, wie eine solche beantragt wird und wie Sie sich vernetzen können.
Informationsflyer der Bundesärztekammer zu Patienten ohne legalen Aufenthaltsstatus in Krankenhaus und Praxis:
bundesaerztekammer.de/…Aufenthaltsstatus.pdf
Abrechnung
der Psychotherapie mit Geflüchteten
Setzen Sie sich mit uns in Verbindung, wenn Sie
Schwierigkeiten bei der Beantragung und/oder Bewilligung
von Leistungen haben. Wir prüfen, inwiefern wir Sie unter-
stützen können und leiten ermittelte Probleme an politische
Entscheidungsträger weiter.
Die gesundheitliche Versorgung von Flüchtlingen hängt vom
jeweiligen Aufenthaltsstatus ab. Je nach Aufenthaltstitel
greifen unterschiedliche Unterstützungssysteme, um die
Behandlung von Flüchtlingen zu gewährleisten. Leistungen
nach dem Asylbewerberleistungsgesetz beziehen Flüchtlinge,
die sich im laufenden Asylverfahren befinden (sie besitzen
eine sog. Aufenthaltsgestattung) oder Flüchtlinge, bei denen
eine Abschiebung aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen
(zunächst) nicht durchgeführt werden kann (sog. Duldung).
Die Leistungen der Krankenhilfe ändern und verbessern sich,
sobald eine Aufenthaltserlaubnis vorliegt.
Der aufenthaltsrechtliche Status hat außerdem Auswirkungen
auf die für die Therapie oder Beratung meist notwendige
Kostenübernahme eines Sprach- und Kulturmittlers und die
Fahrtkosten. Während des aufenthaltsrechtlichen Verfahrens
bzw. in den ersten 18 Monaten des Aufenthalts können die
Kosten beim Sozialamt beantragt werden. Sie werden nach
unseren Erfahrungen auch meist übernommen. Die Kosten
eines Sprach- und Kulturmittlers gehören nicht mehr zum
Leistungs- spektrum, sobald eine Aufenthaltserlaubnis vorliegt
bzw. nach 18 Monaten des Aufenthaltes. In diesem Fall gibt
es jedoch die Möglichkeit, die Kosten beim zuständigen
Erbringer von Sozialleistungen zu beantragen.
1. | Flüchtlinge mit Aufenthaltsgestattung oder Duldung,
Leistungsbeziehende nach Asylbewerberleistungsgesetz
(AsylbLG)
Nach dem Asylbewerberleistungsgesetz haben Asylsuchende
in den ersten 18 Monaten Ihres Aufenthalts in Deutschland
nur eingeschränkte Ansprüche auf Gesundheitsleistungen.
Die Krankenhilfeleistungen sind in den § 4 und § 6 des
Asylbewerberleistungsgesetzes geregelt:
Zu den Pflichtleistungen zählt die Behandlung akuter
Erkrankungen und Schmerzzustände (§4 Abs. 1 AsylblG).
Dazu können gezählt werden: zahnärztliche Behandlungen —
Versorgung mit Arznei- und Verbandsmitteln — Kosten-
übernahme für übliche Leistungen bei Schwangerschaft /
Entbindung — empfohlene Vorsorgeuntersuchungen
(Zahnvorsorge, Kinderuntersuchungen, Krebsvorsorge,
Gesundheitsuntersuchung) — Schutzimpfungen
Als „Kann-Leistung“ können sonstige, zur Sicherung des
Lebensunterhaltes oder der Gesundheit unerlässliche
Leistungen gewährt werden (§ 6. Abs. 1). Hierunter sub-
sumiert werden können z.B.: medizinische Heil- und Hilfs-
mittel (Brille, Rollstühle, Hörgeräte) — Psychotherapie —
MRT o.Ä.
Kostenträger dieser Leistungen sind die Sozialämter der
Kommunen. Dort werden auch die zur Behandlung
notwendigen Krankenscheine ausgestellt.
Die Gewährleistung der sog. „Kann-Leistung“ liegt im
Ermessen der zuständigen Behörden. Das bedeutet, dass
über die Gewährung von Leistungen wie z.B. Psychotherapie
von Kommune zu Kommune unterschiedlich entschieden
wird. Bevor Flüchtlinge einen Arzt oder Psychotherapeuten
aufsuchen können, müssen sie sich einen Krankenschein
beim zuständigen Sozialamt und eine Überweisung zum
Facharzt besorgen. Problematisch dabei ist, dass in den
meisten Fällen fachfremdes Personal über zu gewährenden
Hilfen entscheidet. Gegebenenfalls wird der Patient nochmals
amtsärztlich begutachtet (nach Aktenlage oder persönlicher
Vorladung, was wieder Zeit kostet). Außerdem muss der
Amtsarzt nicht notwendigerweise für die spezifische
Problematik qualifiziert sein. Wenn ein Orthopäde über die
Bewilligung von Psychotherapie entscheidet, kann es zu
Fehlentscheidungen kommen.
Die Hinzuziehung eines Sprachmittlers, sofern er für die
Behandlung erforderlich ist, ist im Leistungsspektrum
enthalten. Die Dolmetscher- und Fahrtkosten können also auf
Antrag vom zuständigen Sozialamt übernommen werden.
Auswirkungen auf die für die Therapie oder Beratung meist
notwendige Kostenübernahme eines Sprach- und Kultur-
mittlers hat vor allem der aufenthaltsrechtliche Status.
Während des aufenthaltsrechtlichen Verfahrens in den ersten
18 Monaten des Aufenthalts können die Kosten beim Sozial-
amt beantragt werden. Sie werden nach unseren Erfahrungen
auch meist übernommen.
Die Kosten eines Sprach- und Kulturmittlers gehören nicht
mehr zum Leistungsspektrum, sobald eine Aufenthalts-
erlaubnis vorliegt bzw. nach 18 Monaten des Aufenthaltes. —
In diesem Fall gibt es jedoch die Möglichkeit, die Kosten beim
zuständigen Erbringer von Sozialleistungen (z.B. Jobcenter)
als Mehrbedarf nach SGB II bzw. atypischen Bedarf zu
beantragen.
Zusammenfassung der notwendigen Schritte:
Antrag auf Behandlungsschein beim zuständigen Sozial-
amt durch den Klienten und Gang zum Arzt
Bescheinigung / Überweisung eines Arztes zum Psycho-
therapeuten
Antrag mit Diagnose und Begründung über die Not-
wendigkeit der Psychotherapie (und der Notwendigkeit
eines Sprachmittlers) beim zuständigen Sozialamt
(Musteranträge siehe Downloads in der Spalte rechts):
eine Überweisung reicht i.d.R. nicht: Je detaillierter und
umfangreicher die Diagnose bzw. Begründung desto
besser | ggf. Begründung, warum alleinige Medikamenten-
gabe nicht ausreichend und eine Therapie indiziert ist |
Beantragung der Kostenübernahme (von Therapie- und
ggf. Dolmetscherkosten)
Sozialamt leitet unter Umständen eine amtsärztliche
Begutachtung ein
Genehmigung der Kosten durch Ausstellung eines
Behandlungsscheins durch das Sozialamt (Kostenzusage)
Bei Ablehnung ggf. Widerspruchsverfahren / Klage-
verfahren
2. | Flüchtlinge mit Aufenthaltserlaubnis
Sobald ein Flüchtling bzw. Asylsuchender seine Aufent-
haltserlaubnis erlangt oder nach 18 Monaten des (un-
verschuldeten) Aufenthalts in Deutschland, verbessert sich
die gesundheitliche Versorgung.
Nach § 2 AsylbLG erhalten Sie alle Leistungen, auf die auch
deutsche Versicherte einen Anspruch haben. Flüchtlinge
gelten zwar streng genommen nicht als Krankenversicherte,
erhalten aber eine Versicherungskarte. Die Kasse holt sich
das Geld quartalsweise vom Sozialamt zurück, welches
immer noch eigentlicher Kostenträger bleibt. Flüchtlinge mit
Aufenthaltserlaubnis und Versichertenkarten werden im
Grunde wie Sozialhilfeempfänger/innen behandelt und
beziehen Unterhaltsleistungen durch das Jobcenter.
Leistungen der Pflegeversicherung erhalten sie nicht über die
Krankenkasse.
Sozialleistungen beziehen sie entweder nach SGB II oder
nach SGB XII. Welches Sozialgesetzbuch für den Betroffenen
greift, ist besonders für die Beantragung der Dolmetscher-
und Fahrtkosten relevant.
2.1. | Leistungen analog zu SGB II (Grundsicherung für
Arbeitsuchende), Leistungsträger: Jobcenter, Abrechnung:
über die Krankenkasse
Flüchtlinge mit Aufenthaltserlaubnis und Versichertenkarten
werden hier im Grunde wie Arbeitssuchende behandelt und
beziehen Sozialleistungen durch das Jobcenter (ALG II, Hartz
IV).
Die Kosten für eine Sprachmittlung sind nicht im Leistungs-
katalog der Krankenkassen abgedeckt: „Die Sicherstellung
einer sprachlichen Verständigung … in einer nicht deutschen
Sprache ist als Nebenleistung zur Krankenbehandlung nicht
vom Leistungsanspruch der Krankenversicherten umfasst“,
heißt es in einem Rundschreiben des MIFKJF 01/2012.
Sie können aber als Mehrbedarf nach § 21 SGB II beim
zuständigen Erbringer von Sozialleistungen (Jobcenter oder
Sozialamt) beantragt werden.
Krankenversicherung bei einer gesetzlichen Krankenkasse
und Anspruch auf das komplette Leistungsspektrum. — Die
Betroffenen müssen nicht für jeden Gang zum Arzt beim
Sozialamt vorsprechen. — Psychotherapie wird wie üblich bei
der jeweiligen Krankenkasse beantragt und abgerechnet.
2.2. | Leistungen analog zu SGB XII (Sozialhilfe), Leistungs-
träger: Sozialamt, Abrechnung: über Krankenkasse
Flüchtlinge mit Aufenthaltserlaubnis können auch Leistungen
nach SGB XII beziehen. Sie werden damit im Grunde wie
Sozialhilfeempfänger behandelt und beziehen Sozial-
leistungen über das Sozialamt. Auch hier gilt:
Die Kosten für eine Sprachmittlung sind nicht im Leistungs-
katalog der Krankenkassen abgedeckt: „Die Sicherstellung
einer sprachlichen Verständigung … in einer nicht deutschen
Sprache ist als Nebenleistung zur Krankenbehandlung nicht
vom Leistungsanspruch der Krankenversicherten umfasst“,
heißt es in einem Rundschreiben des MIFKJF 01/2012. Sie
können aber beim zuständigen Erbringer von Sozialleistungen
(Jobcenter oder Sozialamt) beantragt werden:
Dolmetscher- und Fahrtkosten müssen ggf. über SGB_XII §
52 ff. (Eingliederungshilfe / Krankenhilfe) oder § 73 (Hilfe in
besonderen Lebenslagen) beantragt werden.
Krankenversicherung bei einer gesetzlichen Krankenkasse
und Anspruch auf das komplette Leistungsspektrum. — Die
Betroffenen müssen nicht für jeden Gang zum Arzt beim
Sozialamt vorsprechen. — Psychotherapie wird wie üblich bei
der jeweiligen Krankenkasse beantragt und abgerechnet.
2.3. | Flüchtlinge mit Gesundheitskarte, Leistungen analog zu
SGB XII (Sozialhilfe), Leistungsträger: Sozialamt,
Abrechnung: über Krankenkasse
Ziel der Einführung der Gesundheitskarte sollte die direkte
und unbürokratische ärztliche Versorgung für Flüchtlinge auch
unter einer Aufenthaltsdauer von 18 Monaten sein. Gesund-
heitsministerium und Krankenkassen haben Anfang 2016 alle
Grundsteine zur Einführung der Gesundheitskarte für Flücht-
linge von Beginn des Aufenthalts an gelegt. — Bisher (Stand
13.11.2017) haben in Rheinland-Pfalz nur die Städte Trier und
Mainz sowie die Kreisverwaltung Kusel die Karte eingeführt.
Dass sich durch die Einführung langfristig Einsparungen
erzielen lassen, konnte durch das Bremer und Hamburger
Modell nachgewiesen werden:
Durch Vorsorge und rechtzeitige Behandlung kommt es zu
Einsparungen.
Die Kosten bei den Sozialämtern sinken, weil der
Verwaltungsaufwand für das Ausstellen von
Papierkrankenscheinen sowie die Abrechnung und
Kontrolle erbrachter Leistungen entfällt.
Es kommt zu Kosteneinsparungen durch entfallene
amtsärztliche Prüfung bzw. Übergang an den MDK.
Der Vorteil der Einführung der Gesundheitskarte ist die direkte
und unbürokratische ärztliche Versorgung für Flüchtlinge auch
unter einer Aufenthaltsdauer von 18 Monaten.
Aber: Behandlungsmöglichkeiten und Umfang unterliegen
weiterhin den Bestimmungen des AsylbLG — der Antrag wird
nach Maßgabe des AsylbLG geprüft.
3. | (Unbegleitete) minderjährige Flüchtlinge
Für die Beantragung von Therapien für Kinder und Jugend-
liche mit Fluchthintergrund gelten gegenüber der Beantragung
von Therapien für erwachsene Geflüchtete einige Besonder-
heiten. Hierzu haben BumF und BAfF unter dem Titel
„Arbeitshilfe zur Beantragung der Kostenübernahmen von
Therapie mit minderjährigen Geflüchteten und jungen
Volljährigen“ einen Leitfaden erstellt:
b-umf.de/material/arbeitshilfe…
Weitere Infos
Hinweise zur medizinischen Versorgung von Flüchtlingen und
Asylsuchenden in Krankenhäusern (Stand: 11/2015):
slaek.de/…/Medizinische_Versorgung.pdf
Zwei Erklär-Videos der Bundesweiten Arbeitsgemeinschaft
Psychosozialer Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer BAfF
e.V. zur Ermächtigungsregelung zur Behandlung von
Geflüchteten:
Erklär Video 1 | YouTube
Erklär Video 2 | YouTube
Im ersten Video wird erklärt, was es mit der „Ermächtigungs-
regelung“ auf sich hat und warum es sich lohnt, als Psycho-
therapeut eine solche zu beantragen — im zweiten Video wird
erklärt, welche Rolle die Sprachmittlung bei einer Psycho-
therapie spielen kann, wie eine solche beantragt wird und wie
Sie sich vernetzen können.
Informationsflyer der Bundesärztekammer zu Patienten ohne
legalen Aufenthaltsstatus in Krankenhaus und Praxis:
bundesaerztekammer.de/…Aufenthaltsstatus.pdf